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Erfahren Sie hier, wie Betroffene eine Spielsucht bei Parkinson wieder unter ihre Kontrolle bringen können, welche Ursachen diese Impulskontrollstörung hat und mit welchen Symptomen sie sich zeigt.
Bei einer Impulskontrollstörung, wie einer Spielsucht, Kaufsucht oder Esssucht, fehlt Betroffenen die Fähigkeit, ein spontan aufkommendes Gefühl (Impuls) zu kontrollieren oder einer bestimmten Aktivität zu widerstehen. Sie handeln ohne jegliche Selbstkontrolle heraus und geben dem inneren Impuls nach, selbst wenn sie wissen, dass dies negative Folgen für sie hat. Wichtiger ist für sie in diesem Augenblick das Gefühl, das die unmittelbare Belohnung auslöst.
Impulskontrollstörungen wie die Spielsucht sind sowohl für Betroffene als auch für deren soziales Umfeld sehr belastend und führen nicht selten zu großen finanziellen und zwischenmenschlichen Problemen. Es handelt sich dabei um eine anerkannte psychiatrische Erkrankung, die immer von einem erfahrenen Arzt oder einer spezialisierten Ärztin behandelt werden sollte.
Doch wie genau unterscheidet sich ein problematisches Spielverhalten von der normalen Lust, ein Videospiel zu spielen oder beim Lotto mitzumachen, die wir ja alle kennen? Sprich, woran merken Sie, dass Sie in eine gefährliche Spielsucht gerutscht sind? Zum Beispiel an folgenden Symptomen:
Die Spielsucht wird häufig vom behandelnden Neurologen oder der Neurologin erkannt. Die Diagnose kann aber auch von Fachärzt:innen für Psychiatrie oder Psycholog:innen gestellt werden. Dazu werden Ihnen Fragen zu den Anzeichen und der Dauer gestellt. Auch können zur Diagnose spezielle Fragebögen wie der QUIP-Fragebogen herangezogen werden. Die Diagnose Spielsucht wird gestellt, wenn Sie die Kontrolle über das Spielen verloren haben, wenn Sie weiterspielen, obwohl schon negative Folgen wie Konflikte in der Familie existieren, wenn wichtige Aufgaben dem Spielen untergeordnet werden und diese Schieflage bereits seit 12 Monaten anhält.
Laut der größten Studie zum Zusammenhang von Parkinson-Medikamenten und Impulskontrollstörungen (OMINION-Studie unter der Leitung von Dr. Daniel) leiden fünf Prozent der Parkinson-Patient:innen an Spielsucht. Für diese Studie wurden 3.000 Patient:innen untersucht. Rund 14 Prozent zeigten insgesamt eine Impulskontrollstörung, also eine Spielsucht, eine Kaufsucht (5,7 %), Esssucht (4,3 %) oder Sexsucht (3,5 %). Da das Thema Sucht in jedweder Form schambehaftet ist, trauen sich Betroffene möglicherweise nicht, ihrem Arzt oder ihrer Ärztin davon zu erzählen. Demnach könnte die Dunkelziffer der Sucht-Betroffenen höher liegen.
Männer entwickeln eher Spielsucht, Frauen neigen zu Kaufsucht Gut erforscht ist bereits, dass Männer mit Parkinson im Zusammenhang mit Impulskontrollstörungen eher zu Spielsucht und Sexsucht neigen, wohingegen Frauen eher an Esssucht oder Kaufsucht erkranken. Meist zeigen sich die Probleme einen bis drei Monate nach Beginn der medikamentösen Therapie, in manchen Fällen aber auch erst nach Jahren. Dies ist dann oft der Fall, wenn die Dosis an Medikamenten sehr langsam erhöht wird.
Gut erforscht ist bereits, dass Männer mit Parkinson im Zusammenhang mit Impulskontrollstörungen eher zu Spielsucht und Sexsucht neigen, wohingegen Frauen eher an Esssucht oder Kaufsucht erkranken. Meist zeigen sich die Probleme einen bis drei Monate nach Beginn der medikamentösen Therapie, in manchen Fällen aber auch erst nach Jahren. Dies ist dann oft der Fall, wenn die Dosis an Medikamenten sehr langsam erhöht wird.
Als wichtigste Ursache für die Entstehung einer Spielsucht gelten Dopaminagonisten, also Wirkstoffe, die im Gehirn die Wirkung des Neurotransmitters Dopamin nachahmen und so die motorischen Symptome von Parkinson lindern können. Zu diesen Dopaminagonisten gehören Pramipexol, Rotigotin oder Apomorphin. In einigen Fällen kann auch Levodopa zu einem Suchtverhalten wie Spielsucht führen, etwa bei einer sehr hohen Dosierung. Dies ist aber deutlich seltener der Fall.
Doch warum erhöhen nun Dopaminagonisten das Risiko für eine Impulskontrollstörung wie Spielsucht? Die Antwort liegt in den D3-Rezeptoren (Dopamin-Rezeptoren), an die der Wirkstoff, stellvertretend für das fehlende Dopamin, andockt. Dopaminagonisten stimulieren diese Rezeptoren besonders stark, wodurch die Folgen besonders heftig ausfallen können: Unsere Regulationsfähigkeit, sprich unsere Impulskontrolle, nimmt ab – und eine Sucht wie die Spielsucht kann sich aufbauen.
Es gibt mehrere Faktoren, die das Risiko für die Entwicklung einer Spielsucht bei Parkinson erhöhen können. Zu diesen Risikofaktoren gehören:
Die Behandlung einer Spielsucht bei Parkinson richtet sich nach der vorrangigen Ursache. Laut einer US-amerikanischen Studie (Institute for Safe Medication Practices in Virginia) spielen Dopaminagonisten bei Spielsucht in vielen Fällen eine wichtige Rolle. Dann ist das oberste Gebot der Stunde, die medikamentöse Behandlung zu verändern, die Dopaminagonisten schrittweise abzusetzen oder sie in ihrer Dosis zu reduzieren. Diese Veränderung in der Therapie sollten Sie unter ärztlicher Aufsicht durchführen lassen. Möglich ist, dass Ihr Arzt oder Ihre Ärztin auf ein anderes Medikament ausweicht. Bei Levodopa in möglichst geringer Dosierung ist etwa das Risiko für eine Spielsucht geringer.
Wichtig: Sprechen Sie eine Spielsucht beim Neurologen oder Ihrer Neurologin rechtzeitig offen an. Denn Ihnen kann mit einer geeigneten Therapie geholfen werden, ehe finanzielle Probleme Sie und Ihr Umfeld belasten. Viele Betroffene thematisieren das Suchtproblem oft aus Scham nicht, sodass sie auch keine adäquate Hilfe erhalten können. Bei einer Vielzahl an Patient:innen bessern sich die Sucht-Symptome einige Wochen oder Monate nach der Korrektur der Medikation deutlich.
In Fällen, in denen die Erkrankung weiter fortgeschritten ist und die motorischen Probleme von Patient:innen schwer medikamentös behandelbar sind, kann die Tiefe Hirnstimulation (THS) die gewünschte Verbesserung bringen. Denn es hat sich in Studien gezeigt, dass sich nicht nur das Zittern (Tremor), sondern auch die Impulskontrolle und die Lebensqualität insgesamt verbessern können, auch weil die Dosis an Dopaminagonisten im Anschluss deutlich reduziert werden kann. Und diese sind ja meist die hauptsächliche Ursache für die Suchtproblematik. Dennoch ist die Tiefe Hirnstimulation nicht die erste Wahl in der Behandlung von Spielsucht, schließlich handelt es sich dabei um einen Eingriff ins Gehirn.
In einem operativen Eingriff werden Betroffenen bei der THS Elektroden im Gehirn und ein Neurostimulator hinter das Brustbein implantiert. Diese Elektroden stimulieren dann – steuerbar über eine Fernbedienung – die krankheitsbedingt gestörten Hirnregionen mit elektrischen Impulsen. Dies kann zur Besserung bestimmter Parkinson-Symptome beitragen. Besprechen Sie mit Ihrem Facharzt oder Ihrer Fachärztin, ob die Tiefe Hirnstimulation für Sie eine mögliche Therapie ist.
Doch nicht in allen Fällen von problematischem Suchtverhalten bei Parkinson geben die Dopaminagonisten den Startschuss für die verringerte Impulskontrolle. Dann hilft ein Medikamentenwechsel nicht. Dafür können Ihnen dann andere Maßnahmen helfen, um Ihre Impulskontrolle zu stärken und die Spielsucht in den Griff zu bekommen.
Eine Möglichkeit, die Ihnen bei Spielsucht helfen kann, wenn diese nicht (nur) durch Medikamente ausgelöst wurde, ist die Psychotherapie. In der kognitiven Verhaltenstherapie lernen Sie, sich Ihre bisherigen ungünstigen Verhaltensweisen bewusst zu machen. Ihnen werden zum Beispiel Auslöser und Situationen wie Langeweile, Stress oder Einsamkeit für das Suchtverhalten bewusst und Sie bekommen Strategien vermittelt, wie Sie agieren können, ohne dem gewohnten Suchtverhalten nachzugeben. Gerade wenn die Spielsucht in Verbindung mit einer Depression oder Angstproblematik auftritt, ist eine Verhaltenstherapie oft eine große Hilfe für die Betroffenen und ihre Angehörigen.
Ist die Spielsucht nicht (nur) medikamentös bedingt, dann spendet auch eine Selbsthilfegruppe Trost und bietet einen sicheren Raum, sich zu öffnen und über das Problem zu sprechen. Hier gibt es Betroffene mit ähnlichen Geschichten, mit denen Sie sich austauschen können. Viele Betroffene berichten, dass eine Selbsthilfegruppe ihnen Halt gibt und Mut macht. Auch entstehen hier oft Freundschaften. Und besonders wichtig: Sie ist eine Möglichkeit, die Isolation zu durchbrechen, in der viele Menschen mit Parkinson gerade bei psychischen Symptomen wie Depression, Angst und Suchtverhalten oft gefangen sind. Übrigens: Es gibt auch entsprechende Selbsthilfegruppen für Angehörige von Betroffenen, in denen sie sich mit anderen Menschen austauschen können.
Statt dem ungesunden Suchtverhalten wie dem Glücksspiel oder Videospiel nachzugeben, ist es hilfreich, eine Beschäftigung für sich zu finden, die Sie erfreut, aber auch gesund ist. Und die Sie nicht in finanzielle Schwierigkeiten bringt. Viele Menschen blühen auf, wenn sie einer (früheren) Leidenschaft nachgehen, sie etwa (wieder) mit Holz werkeln, gärtnern, malen, tanzen, Musik hören, singen, sich mit einem Tier beschäftigen oder ein Instrument spielen (lernen). Die Freude wird auch auf gesunde Art geweckt, wenn Sie sich häufig mit Freunden treffen, etwa bei einem schönen Essen, einem Lagerfeuer oder einem gemeinsamen Ausflug ins Grüne.
Suchen Sie auch nach Aktivitäten, bei denen Sie Neues lernen können, wie auf Reisen oder Seminaren zu Themen, die Sie interessieren. Denn neue Erfahrungen und Eindrücke und auch neue soziale Kontakte stimulieren unser Belohnungssystem und regen die Bildung von glücksfördernden Botenstoffen an. Daneben ist auch regelmäßiger Sport (zwei- bis dreimal pro Woche für 30 Minuten) wie Tischtennis spielen, Boxen, Joggen, Radfahren oder Kraftsport ein tolles Mittel bei Spielsucht. Denn Sport flutet unseren Körper auf gesunde Weise mit Glücksbotenstoffen und unterstützt uns dabei, uns psychisch stabil und körperlich stark zu fühlen. So können wir auch besser mit Herausforderungen umgehen.
Erlernen Sie am besten ein Entspannungsverfahren wie die Progressive Muskelentspannung nach Jacobson, Qigong, Tai-Chi, Yoga oder Meditation. Denn mit all diesen Verfahren trainieren Sie Ihre Körperwahrnehmung und Ihre psychische Balance. So können Sie bei regelmäßigem Training zum Beispiel bewusster wahrnehmen, wenn bei Ihnen der Impuls zu spielen aufsteigt. Sie können analysieren, woran das liegt und sinnvoll gegensteuern. Daneben helfen diese Verfahren häufig dabei, uns körperlich und seelisch wohl zu fühlen, schädliche Verhaltensweisen zu vermeiden und insgesamt achtsamer mit uns selbst umzugehen.
Damit Sie durch die Spielsucht nicht in eine finanzielle Schieflage geraten oder sich diese nicht verschlimmert, können Sie auch mit diesen Maßnahmen gegensteuern:
Die Kosten für eine Psychotherapie werden bei einer diagnostizierten Spielsucht von der Krankenkasse übernommen. Es ist möglich, dass Sie einen bestimmten Eigenanteil leisten müssen. Wenden Sie sich an Ihre Krankenkasse, um die genauen Bedingungen und Verfahren zu klären.