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Hier bekommen Sie ausführliche Informationen über die verschiedenen Formen der atypischen Parkinson-Syndrome, über die Ursachen, Symptome und Behandlungsmöglichkeiten.
Unter atypischen Parkinson-Syndromen (APS) verstehen Mediziner:innen eine Reihe seltener neurodegenerativer Erkrankungen, bei denen Patient:innen einige charakteristische Symptome vom typischen Morbus Parkinson aufweisen, die sich aber hinsichtlich der Ursache unterscheiden. Die atypischen Parkinson-Syndrome stellen eine pathologisch uneinheitliche (inhomogene) Gruppe dar, die im Vergleich zudem weitere neurologische Symptome zeigen, die für das frühe Stadium der typischen Parkinson-Erkrankung untypisch sind.
Zu der Gruppe der atypischen Parkinson-Syndrome gehören die Multisystematrophie (MSA), die progressive supranukleäre Blickparese (PSP), das kortikobasale Syndrom (CBS) und die Demenz mit Lewy-Körpern (LBD). Diese seltenen Erkrankungen werden noch einmal je nach ihren ursächlichen neurologischen Veränderungen in sogenannte Synucleinopathien (MSA, LBD, bestimmte Formen des CBS) und Tauopathien (PSP, bestimmte Formen des CBS) unterschieden.
Atypische Parkinson-Syndrome treffen meistens Menschen zwischen dem 50. und 70. Lebensjahr. Im Vergleich sind Männer etwas häufiger betroffen als Frauen. Das hängt aber auch von der Form des atypischen Syndroms ab, wie es zum Beispiel bei der progressiven supranukleären Blickparese (PSP) der Fall ist.
Unter Morbus Parkinson verstehen wir die typische, klassische Parkinson-Erkrankung, die auch als primäres oder idiopathisches Parkinson bezeichnet wird. Während beim Morbus Parkinson die klassischen Kardinalsymptome Tremor (Zittern), Rigor (Muskelsteifheit), Akinese (Bewegungsverlangsamung) und im späteren Verlauf die posturale Instabilität (Störung der aufrechten Körperhaltung) im Vordergrund stehen, fehlt bei atypischen Parkinson-Syndromen hingegen meistens das Zittern. An dessen Stelle treten jedoch viele andere neurologische Symptome in Erscheinung. Die posturale Instabilität, Gedächtnisstörungen und psychische Auffälligkeiten zum Beispiel treten bei APS außerdem bereits im frühen Stadium auf.
Bei Menschen mit typischem Parkinson entstehen die Symptome durch eine Degeneration der Dopamin produzierenden Zellen in der schwarzen Substanz (Substantia nigra), dem am stärksten betroffenen Bereich im Gehirn beim klassischen Parkinson. Die Symptome werden also aufgrund eines Dopaminmangels im Körper verursacht. Die Dopaminrezeptoren, also die Andockstellen für Dopamin, bleiben hier aber verschont, sodass eine medikamentöse Behandlung mit dem Dopaminvorläufer Levodopa wirksam ist und die motorischen Symptome in der Regel lindern kann. Ein gutes Ansprechen auf eine Dopaminersatz-Therapie ist daher ein wichtiges Zeichen zur Unterscheidung beider Formen und damit auch in der Diagnostik.
Dies ist bei Menschen mit atypischen Parkinson anders. Hier entstehen die Symptome sowohl durch einen Zellverlust in der Substantia nigra, als auch durch eine Degeneration von Zellen in Bereichen unseres Nervensystems, die eigentlich Dopaminrezeptoren enthalten. Bei der atypischen Form haben Betroffene diese Rezeptoren verloren und sprechen daher nicht so gut auf Levodopa (L-Dopa) an. Patienten:innen sehen auf den ersten Blick zwar so aus, als hätten sie Parkinson, aber die Ursache ihrer Symptome unterscheidet sich von der des klassischen Parkinsons.
Auch hinsichtlich des Krankheitsverlaufs gibt es unterschiedliche Entwicklungen. Atypische Formen haben einen schleichenden Beginn im mittleren Lebensalter und eine stetige Zunahme der Symptome im weiteren Verlauf. APS verläuft im Vergleich zu Morbus Parkinson schneller und meistens auch schwerer. Daher wird der Krankheitsverlauf auch als bösartig (maligne) bezeichnet. Auch was die medikamentöse Therapie anbelangt, wirken die für den klassischen Parkinson eingesetzten Arzneien in der Regel schlechter.
Zu den atypischen, neurodegenerativen Parkinson-Syndromen gehören die Multisystematrophie (MSA), die progressive supranukleäre Blickparese (PSP), die kortikobasalen Syndrome (CBD), die diffuse Lewy-Körper-Erkrankung (LBD) oder Lewy-Körper-Demenz. Diese vier Formen schauen wir uns im Folgenden genauer an. Allen atypischen Parkinson-Syndromen liegt eine Schädigung von Nervengewebe im Gehirn zugrunde, die über die typischen Auffälligkeiten bei der Parkinson-Krankheit hinausgeht.
MSA ist die Abkürzung für die sogenannte Multisystematrophie, eine schwere, fortschreitende (progressive) Erkrankung, bei der mehrere Teile des Gehirns degenerieren. Betroffen sind die Areale, die für Bewegungen und innere Prozesse des Körpers zuständig sind – Funktionen des Kleinhirns, des autonomen Nervensystems, der Basalganglien und der Motorik. Die Symptome ähneln der Parkinson-Erkrankung. Es kommt unter anderem zu einem Koordinationsverlust und Störungen wichtiger Körperfunktionen, wie der Blase und des Blutdrucks. Viele der Symptome können behandelt werden. Die MSA ist aber nicht heilbar und führt letztendlich zum Tod.
In der Neurologie werden zwei Arten der Multisystematrophie anhand der Symptomatik unterschieden. Es gibt den Parkinson-Typ (MSA-P) und den zerebellären Typ (MSA-C), die in einem Verhältnis von 60 Prozent zu 40 Prozent auftreten:
Alle Patient:innen entwickeln im Verlauf der Krankheit einige typische Parkinson-Symptome, aber auch gesteigerte Reflexe (Hyperreflexie) können auftreten. Relativ häufig treten zudem Atemstörungen und nächtliche Schlafstörungen wie die REM-Schlaf-Verhaltensstörung (RBD) oder periodische Bewegungen der Gliedmaßen im Schlaf (PLMS) auf. Depression, Apathie und Angststörungen sind weitere Symptome der MSA.
Gut zu wissen: Ausgeprägte Störungen des autonomen Nervensystems, die teilweise Jahre vor Beginn der Parkinson-Symptome auftreten können, sind nicht nur ein gemeinsames Merkmal beider MSA-Formen, sondern auch ein bedeutendes Unterscheidungskriterium zum klassischen Parkinson und zu anderen atypischen Parkinson-Syndromen.
Die progressive supranukleäre Blickparese (PSP) gehört auch zu den atypischen Parkinson-Syndromen, die sich zwischen dem 60. und 70. Lebensjahr entwickelt. Die Ursache für diese seltene neurodegenerative Erkrankung ist unbekannt, sie ist aber durch abnormale Ansammlungen des sogenannten Tau-Proteins gekennzeichnet. Tau-Proteine (Tau-Eiweiße) befinden sich hauptsächlich in den Fortsätzen von Nervenzellen. Sie bilden faserige Strukturen, die die Weiterleitung von Informationen innerhalb der Nervenzellen blockieren. Die PSP wird daher auch den Tauopathien zugeordnet.
Es kommt bei der PSP zu einer fortschreitenden Zerstörung von Nervenzellen in den Basalganglien (Gruppe von Kerngebieten unterhalb der Großhirnrinde). Die Basalganglien spielen eine wichtige Rolle im Bewegungsablauf. Zu den Leitsymptomen der PSP gehören Muskelsteifigkeit (Rigor), Bewegungsverlangsamung (Akinese), posturale Instabilität, eine vertikale Blickparese (Blicklähmung), bei der Zielbewegungen der Augen nicht mehr ausgeführt werden können, Sprechstörungen (Dysarthrie), Schluckstörungen (Dysphagie) und kognitive Beeinträchtigungen.
Es gibt fünf klinische Formen der progressiven supranukleären Blickparese, die unterschiedliche Symptome aufweisen. Störungen der Augenbewegungen, die posturale Instabilität, Akinesie (Bewegungsarmut) und kognitive Störungen sind sogenannte vorherrschende “Prädominanztypen“. Die Formen unterscheiden sich nach Erkrankungsbeginn und Schwere. Alle Formen der PSP verlaufen aber gleich – schleichend und fortschreitend (progredient).
Klassisches Richardson-Syndrom und die Vielfalt an PSP-Varianten Ursprünglich wurde unter der progressiven supranukleären Blickparese (PSP) nur ein Krankheitsbild verstanden, das durch Parkinson-Symptome, vertikale Blickparese, Sturzneigung, Dysarthrie und Dysphagie gekennzeichnet war. Diese klassische Symptomkonstellation wird als PSP mit Richardson-Syndrom (PSP-RS) bezeichnet. Der Name stammt von dem Erstbeschreiber (J. Clifford Richardson). Sie ist aber nur eine von vielen möglichen Erscheinungsformen der PSP. In den Diagnosekriterien der MDS (International Parkinson and Movement Disorder Society) werden inzwischen auch die anderen Varianten der PSP beschrieben.
Ursprünglich wurde unter der progressiven supranukleären Blickparese (PSP) nur ein Krankheitsbild verstanden, das durch Parkinson-Symptome, vertikale Blickparese, Sturzneigung, Dysarthrie und Dysphagie gekennzeichnet war. Diese klassische Symptomkonstellation wird als PSP mit Richardson-Syndrom (PSP-RS) bezeichnet. Der Name stammt von dem Erstbeschreiber (J. Clifford Richardson). Sie ist aber nur eine von vielen möglichen Erscheinungsformen der PSP. In den Diagnosekriterien der MDS (International Parkinson and Movement Disorder Society) werden inzwischen auch die anderen Varianten der PSP beschrieben.
Das kortikobasale Syndrom (CBS) oder auch die kortikobasale Degeneration (CBD) zeigt als weiteres seltenes, langsam fortschreitendes, atypisches Parkinson-Syndrom neben motorischer Störungen auch kognitive Beeinträchtigungen der Bewegungskontrolle. Leitsymptome des CBS sind eine asymmetrisch auftretende Bewegungsarmut (Hypokinesie) und Starrheit (Rigidität) mit einem schlechten Ansprechen auf eine medikamentöse Therapie mit Levodopa (L-Dopa).
Betroffene haben zudem Schwierigkeiten, Gesten zu imitieren oder einfache Dinge pantomimisch darzustellen. Sie schaffen es nicht mehr, Aufgaben zu bewältigen, für die Bewegungsmuster aus dem Gedächtnis abgerufen werden müssen. Charakteristisch sind auch ungewollte Hand- und Armbewegungen, die Menschen mit CBS als fremdgesteuert wahrnehmen (Alien-Limb-Phänomen). Bevor die motorischen Symptome auftreten, bemerken Patient:innen häufig eine einseitige Ungeschicklichkeit, Steifigkeit und Zucken eines Armes.
Um die CBS von anderen atypischen Syndromen zu unterscheiden, könnte eine Magnetenzephalographie (MEG) bzw. eine Tau-PET als bildgebendes Verfahren die Areale und neuronalen Netzwerke im Gehirn sichtbar machen, die für die Symptome verantwortlich sind. Die CBD gehört zu den sogenannten Tauopathien (siehe dazu auch die PSP), das bedeutet, dass bestimmte, charakteristische Ablagerungen (Tau-Proteine) in Nervenzellen nachweisbar sind, die typisch für PSP und auch für die Alzheimer-Krankheit sind. Die Diagnose wird gestellt, wenn mehrere Symptome der CBD gemeinsam auftreten.
Die Lewy-Körperchen-Demenz bzw. Lewy-Body-Demenz (LBD) ist eine Form der Demenz, die aufgrund von Ablagerungen sogenannter Lewy-Körperchen (Eiweißablagerungen von alpha-Synuclein) in den Nervenzellen des Gehirns entsteht und mit dem Verlust geistiger Funktionen einhergeht. Sie gehört zu atypischen Parkinson-Syndromen, kann aber auch beim klassischen Morbus Parkinson auftreten. Die vielfältigen Symptome der Demenz können sich mit der Zeit verändern. Am häufigsten und als Hauptsymptome treten Gedächtnisstörungen, Verwirrtheit und Halluzinationen oder Bewegungsstörungen auf, wie wir sie von der typischen Parkinson-Krankheit kennen – Muskelstarre, Muskelzittern, eine instabile Körperhaltung mit Schwankungs- und Sturzneigung.
Halluzinationen und Wahnvorstellungen optischer Natur sind oft die ersten Anzeichen der LBD. Betroffene sehen Menschen, Tiere oder Dinge, die nicht anwesend sind. Nur selten treten auch akustische Sinnestäuschungen auf. Aufgrund der ähnlichen Symptomatik zu anderen Formen der Demenz wie der Alzheimer-Krankheit oder als Begleitsymptom des typischen Parkinsons ist die Diagnose nicht einfach. Alltagsfähigkeiten, die Planung, Organisation und Orientierung werden immer schwieriger, weil die Konzentration immer mehr verloren geht. Besonders auffällig sind starke Schwankungen im Tagesverlauf. Eben noch waren Betroffene klar und wach, im nächsten Moment sind sie plötzlich verwirrt.
Wichtig für die Diagnose einer LBD ist eine Empfindlichkeit auf Medikamente, die im Rahmen der medikamentösen Therapie von Parkinson-Symptomen oder auch bei Halluzinationen eingenommen werden.
Der Krankheitsverlauf von atypischen Parkinson-Syndromen ist im Vergleich zum typischen Morbus Parkinson in der Regel schwerer und schneller fortschreitend. Auch wirken Parkinson-Medikamente wie Levodopa bei Menschen mit atypischen Syndromen nicht so gut. Eine heilende Therapie gibt es bisher nicht. Die Behandlung ist auf die Linderung der Symptome ausgerichtet. Der schnelle Krankheitsverlauf des APS führt zu starken Beeinträchtigungen und damit zum Verlust der Selbstständigkeit. Die Lebensdauer ist meistens verkürzt und die Möglichkeiten einer medikamentösen Behandlung sind begrenzt.
Die Diagnosestellung eines atypischen Parkinson-Syndroms erfolgt durch eine Neurologin oder einen Neurologen. Aufgrund der Vielfalt an Symptomen ist die Diagnose APS nicht einfach. Sie besteht aus einer klinischen Untersuchung, Beobachtung der Symptome und des Verlaufs und dem Ausschluss anderer Erkrankungen. Abhängig von der vermuteten Form der Erkrankung, hängt auch der Umfang der notwendigen Untersuchungen ab. Auch Blutdruckmessungen in Liegeposition und nach dem Aufstehen oder die Restharnbestimmung per Ultraschall können wichtige Hinweise liefern.
Fester Bestandteil für die Diagnose sind bildgebende Verfahren, die Veränderungen im Gehirn abbilden, wie die Magnetresonanztomografie (MRT), eine Positronenemissionstomografie (PET) und eine Einzel-Photonen-Emissions-Computertomografie (SPECT).
Auch das fehlende Ansprechen auf Levodopa ist ein wichtiges Zeichen, um den klassischen Morbus Parkinson ausschließen zu können. Daneben zählen auch Erstsymptome wie Kreislaufschwindel, Gleichgewichtsstörungen, Stürze, abnorme Augenbewegungen, Muskelzuckungen und kognitive Beeinträchtigungen zu den Ausschlusskriterien der typischen Parkinson-Erkrankung.
Bis heute steht keine Behandlung zur Verfügung, die die krankhaften Prozesse im Gehirn aufhalten oder beseitigen kann. Aber es gibt einige medikamentöse Therapien und nicht-medikamentöse Behandlungen, die zum Einsatz kommen, um die Symptome zu lindern, die körperlichen und geistigen Funktionen so lange wie möglich aufrechtzuerhalten und so die Lebensqualität zu verbessern.
Die Therapie von atypischen Parkinson-Syndromen ist eine individuelle Angelegenheit, die sich speziell auf die einzelnen Symptome Betroffener konzentriert. Auch wenn Patient:innen meistens nicht gut auf Levodopa ansprechen, kommt versuchsweise hochdosiertes L-Dopa bei motorischen Symptomen zum Einsatz. Je nach Beschwerde können auch Medikamente gegen Kreislaufprobleme oder Harninkontinenz eingenommen werden. Antidepressiva könnten hilfreich sein, wenn Ängste und depressive Verstimmungen im Vordergrund stehen.
Zu den nicht-medikamentösen Therapien, die bei atypischen Parkinson-Syndromen angewendet werden, gehören zum Beispiel die Physiotherapie zur Verbesserung der Mobilität, Kraft und des Gleichgewichts sowie die Ergotherapie zur Unterstützung bei alltäglichen Aktivitäten mit Hilfsmitteln oder Anpassungen für das Zuhause. Mithilfe der Logopädie soll die Sprache und das Schlucken trainiert und verbessert werden. Eine Psychotherapie kann zudem Hilfe leisten, um mit der Erkrankung besser umzugehen und sie zu akzeptieren.